Frage: Von der Sammlung und Veröffentlichung von Nachhaltigkeitskennzahlen wird kein Unternehmen weder ökologischer noch sozialer oder wirtschaftlicher. Wie sollten Unternehmen die Daten nutzen, um ihre Nachhaltigkeitsperformance zu steigern?  

Das Thema Nachhaltigkeit ist aktuell aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Zum einen muss den Regularien entsprochen werden, die in der EU sicher in Form der EU-Taxonomie vorgeschrieben sind, zukünftig in Gestalt der CSRD/IFRS/iXBRL ihren Niederschlag ganz sicher auch für deutsche Konzerne haben werden. Jüngst ist Jenny Bofinger von Siemens als Mitglied ins IFRS Board berufen worden, um eben dieses Thema zu adressieren. Zum anderen sehen wir seit geraumer Zeit die Kennzahlensysteme z.B. nach GRI oder SASB die in den Bereich der „freiwilligen“ Berichterstattung gehören. SASB zumindest adressiert die Perspektive von Private Equity und da geht es eindeutig um Interessen von Investoren, aus diesem Grund sind wir sehr schnell beim Thema Steuerungskonzepte multinationaler Konzerne. Compliance- und Investorensicht sind aller Erfahrung nach die stärksten Treiber für Veränderungen. Um zu planen, um zu gestalten, um zu simulieren, muss initial das IST in der Perspektive der Adressaten aufgesetzt werden. Von daher ist das IST die Ausgangssituation. Direkt im Anschluss ist es augenscheinlich, dass die Regularien und die Kennzahlensysteme mit in die Unternehmens-/Konzernplanung einfließen werden. Von daher ist der größte Mehrwert gegeben, wenn ESG Reporting Hand in Hand mit der Finanzberichterstattung organisiert ist und darüber hinaus mit in den Planungsprozess eingeflochten wird, was wiederum bedingt, keine Systembrüche der Systeme zu haben. Spezial- und Insellösungen kleben zwar unter Umständen wie ein „Pflaster“ die Problematik zu, die eigentliche „Heilung“ ist jedoch ganzheitlich zu sehen. Fazit: Lediglich Systeme, die über die Berichterstattung hinausgehen und die Gestaltung des Zielbildes im Planungsprozess abbilden können, bringen echten Mehrwert. 

 

Frage: Viel wird momentan über die Definition umweltbezogener und sozialer Kennzahlen und ihrer Abbildung in separaten Controlling- und IT-Systemen diskutiert. Wie beurteilen Sie diese Tendenzen?  

Im Corporate Performance Management, also in den Softwarelösungen rund um das Office des CFO herum, kennen wir seit geraumer Zeit die Begrifflichkeit des „Integrated Reporting“. Diese Begrifflichkeit fordert die direkte Integration, wenn möglich in real time, in die steuerungsrelevanten Rechenwerke, respektive GuV und ggf. Bilanz. Das bedeutet z.B. die finanziellen Auswirkungen von Störungen in der Lieferkette direkt im Ergebnis abzulesen. Im Bereich ESG wird es gleiche Lösungen geben, denn Compliance oder KPI’s in diesem Umfeld machen langfristig nur Sinn, wenn das Thema ganzheitlich (integriert) betrachtet wird.
 

Frage: Das sogenannte „Green Controlling“ hinkt dem finanziellen Controlling in Forschung und Praxis noch weit hinterher. Was wären Ihre Wünsche, um schneller voranzukommen?  

Die Feststellung ist inhaltlich zwar richtig, jedoch nicht mehr relevant. Es werden um uns herum Fakten geschaffen in einer Geschwindigkeit, bei der die Unternehmen und Konzerne nur schwer mithalten können. Alle Marktteilnehmer in dieser Fragestellung entwickeln sich gerade mit hoher Geschwindigkeit weiter und „lernen“ auch voneinander. Die Generation Z ist in Bezug auf diese Thematik quasi per Definition sensibilisiert und die Ausbildung an den Hochschulen trägt dem Rechnung. Die Big4 aber auch die anderen Beratungshäuser entwickeln aktuell zusammen mit ihren Kunden neue Standards und Steuerungskonzepte. Diese Entwicklung muss sogar „Hand in Hand“ geschehen, da niemand der Beteiligten alle Strömungen im Markt 100% kennt  

Jörg Plass und Matthias Stubenvoll sind mit CCH Tagetik Sponsor des 5. Deutschen CSR Kommunikationskongresses und Gastgeber des Thementischs ESG Management mit System – vom Reporting zur Steuerung des Wandels. 

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