Frage: Worum geht es bei dem Stichwort „Entwaldungsfreie Lieferketten“ und warum ist das für Unternehmen relevant? 

Schwarzer: Für den Anbau und die Produktion zahlreicher Rohstoffe werden weltweit Wälder zerstört. Die EU importiert mit Waren wie Soja, Palmöl, Rindfleisch, aber auch Kaffee, Kakao und Kautschuk Entwaldung, und das im großen Stil: Durch den internationalen Handel mit Agrarrohstoffen ist die EU für 16% der weltweiten Entwaldung verantwortlich. Das hat enorme Auswirkungen auf die beiden größten ökologischen Herausforderungen unserer Zeit: die Biodiversitätskrise und die Klimakrise. Glücklicherweise hat die EU erkannt, dass es Zeit ist zu handeln, und stimmt derzeit im Trilog zwischen Kommission, Rat und Parlament über einen Verordnungsvorschlag ab, der den Handel von mit Entwaldung behafteter Ware verbieten soll.  

Frage: Warum braucht es die neue EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten? 

Schwarzer: Das Thema Entwaldung ist der Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft schon lange Zeit bekannt, doch die bisherigen Maßnahmen beruhten nur auf Freiwilligkeit. Regierungen haben Abkommen unterzeichnet, die aber kaum Folgen mit sich gebracht haben, Unternehmen haben Selbstverpflichtungen festgelegt und sich größtenteils auf Zertifizierungen verlassen, und die Bevölkerung konnte sich nur blind auf eben diese Siegel verlassen. Die Entwaldung, die laut Abkommen und Selbstverpflichtungen bis 2020 beendet sein sollte, ist weiter fortgeschritten, in manchen Ländern sogar explodiert. Jährlich verlieren wir weltweit laut FAO 10,2 Mio. ha Wald – das ist in etwa so viel Wald, wie es ihn in Deutschland noch gibt.  Auch im letzten Jahr haben wir laut World Ressources Institute 3,75 Mio. ha tropischen Primärwald verloren, und dabei 2,5 Gt CO2 emittiert – so viel, wie Indien jährlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe freisetzt. Mit einer Verordnung kommt nun endlich Verbindlichkeit, und es werden gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle geschaffen.  

Frage: Was sollten Unternehmen tun, um zum Ziel entwaldungsfreier Lieferketten beizutragen? 

Schwarzer: In erster Linie müssen sie mit ihren Lieferanten ins Gespräch kommen und erfahren, woher genau ihre Ware kommt. Das ist leider nicht immer trivial, aber es gibt glücklicherweise mittlerweile zahlreiche Unterstützungmöglichkeiten für Unternehmen. Eine, die genau auf deutsche KMUs zugeschnitten ist, möchte ich gerne beim Nachhaltigkeitskongress vorstellen.    

Lioba Schwarzer ist Gastgeberin des Thementisches Entwaldungsfreie Lieferketten

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